Die Judenverfolgunfg im Dritten Reich (1941-1942)
p> Die Arbeit an den Mauern, die fast drei Meter hoch werden sollen, hat
schon begonnen. Von Nazi-Soldaten bewacht, schichten jüdische Mauer Ziegel
auf Ziegel. Wenn einer nicht schnell genug arbeitet, wird er von den
Aufsehern geschlagen. ich muss an unsere Sklaverei in Ägypten denken, wie
sie in der Bibel beschrieben ist. Aber wo ist der Moses, der uns aus
dieser neuen Knechtschaft führen wird? Am Ende der Strassen, die noch nicht völlig für den Verkehr gesperrt
sind, stehen deutsche Wachen. Deutsche und Polen dürfen das abgesperrte
Viertel betreten, aber keine Pakete bei sich tragen. Das Gespenst des
Hungertodes steht uns allen vor Augen”. Die Nazisverbrecher äusserten eine feine Erfindlichkeit beim
Einrichten des Ghettos. Als hätten sie vorausgesehen, dass sie für ihre
Taten Verantwortung tragen werden (nicht die propagierte, sondern ganz
reale), machten sie alles so, dass es die Möglichkeit gab, sich in einem
Gerichtsprozess zu verteidigen. Ein jeder Nazi, sogar derjenige, der ein
unmittelbarer Vollzieher der Rassentheorie, konnte die Beschuldung
ablehnen. Er hatte immer das Argument, er habe Folge dem Befehl des
Obergestellten geleistet, wenn das aber nicht funktionierte, er hatte noch
eine Chance, und zwar: er selbst habe niemanden totgeschlagen oder
geschossen. Die Juden starben selber. Er weiss nicht, woran das gelegen
habe - vielleicht am Hunger oder an der Kälte. Diese Erscheinung befanden
sich aber ausserhalb seiner Befugnisse. Inzwischen funktionierte der Mechanismus des Massenmordes weiter.
Kälte, Hunger, Blokade und Beschränkung der Bewegungen arbeiteten mit
Nazis Hand in Hand zusammen: “4. Januar 1941. Das Ghetto liegt im tiefen Schnee. Es ist schrecklich kalt, und keine
Wohnung ist geheizt. Wo ich auch hingehe, finde ich die Menschen in Decken
gehüllt oder unter Federbetten zusammengekauert, soweit diese warmen
Sachen nicht schon von den Deutschen für ihre Soldaten beschlagnahmt
worden sind. Die bittere Kälte macht die deutschen Posten, die an den
Ghettotoren Wache stehen, noch grausamer als sonst. Wenn sie durch den
tiefen Schnee auf und ab stapfen, schiessen sie von Zeit zu Zeit. Nur so,
um sich aufzuwärmen. Viele Passanten werden ihre Opfer. Andere Wachen, die
sich während ihres dienstes langweilen, organisieren sich eine besondere
unterhaltung. Sie wälen sich zum Beispiel ein Opfer unter den zufällig
Vorübergehenden und befehlen ihm sich mit dem Gesicht in den Schnee zu
werfen. Wenn er einen Barr trägt, reissen sie ihn aus, bis der Schnee sich
vom Blut rot färbt. Falls so ein Nazi schlechter Laune ist, kann auch der
judische Polizist, der mit ihm Wache steht, das Opfer sein. Gestern beobachtete ich, wie ein deutscher Gendarm einen judischen
Polizisten auf der Chlodna-Strasse, in der nähe des Durchgangs vom grossen
zum kleinen Ghetto, “exertieren” lies. Der junge Mann war zum Schluss
völlig auser Atem, aber der nazi zwang ihn weiter auf und nieder, bis er
in einer Blutlache zusammenbrach. Jemand rief nach einen Krankenwagen, und
der judische Polizist wurde auf eine Bahre gelegt und mit einem Handwagen
fortgebracht. Im ganzen Ghetto gibt es nur drei Krankenwagen, deswegen
werden meistens Handwagen benutzt...”. Um sich zu versichern, dass getroffene Massnahmen effektiv sind,
beschränkten Nazisverbrecher die Lieferungen von Lebensmitteln nach
Ghetto. “28. Februar 1941. Die Brotknappheit wird immer schlimmer. Auf die Lebensmittelkarten
gibt es sehr wenig, und auf dem Schwarzen Markt kostet ein Pfund Brot
jetzt zehn Zloty. Das Brot ist schwarz und schmekt nach Sägespänen.
Weisses Brot kostet sogar 15 bis 17 Zloty. Auf der “arischen” Seite sind
die Preise viel niedriger”. Und gleichzeitig wurde Ghetto mit neuen Opfern, die aus Fluchtlingen
bestanden, immer mehr bepackt. Es herrschte totale Antisanitärie. Im
Winter 1941 zugefrorene Abwässerrören wurden nie renoviert. Der Mangel an
Arzneien führte zur Gefahr der Cholera-Epidemie. Das war aber nicht der Schluss, der den Becher des Unglücks zum
Überlaufen bringen könnte. Der Mensch kann viel erdulden, wenn er in
psychologischer Ruhe ist. Das verstanden die Nazi und als das letzte
Mittel wurde von ihnen Desinformation erschöpferischen Charakters in Gang
gesetzt: “17. April 1942. Das ganze Ghetto war heute in Panikstimmung. Die Leute verschlossen
eilig ihre Läden. Es lief ein Gerücht um, dass ein besonderes
“Vernichtungskommando”, das schon den Pogrom in Lublin verübt hat, in
Warschau angekommen sei, um auch hier ein Massaker zu organisieren”. Wir haben die Zeilen nur von einem Menschen angefürt. Also nur von einem Opfer. Insgesamt betrug die Zahl von Opfern 4800000 Menschen, unter denen
1600000 ums Leben gekommen sind. IV. Exekutionen im Osten. “Ich will hier vor Ihnen in aller Offenheit auch ein ganz schweres
Kapitel erwähnen. Unter uns soll es einmal ganz offen ausgesprochen sein,
und trotzdem werden wir in der Öffentlichkeit nie darüber reden... Ich meine jetzt die Judenevakuierung, die Ausrottung des jüdischen
Volkes. Es gehört zu den Dingen, die man leicht ausspricht.- “Das jüdische
Volk wird ausgerottet”, sagt ein jeder Parteigenosse, “ganz klar, steht in
unserem Program, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir”... Von
allen, die so reden, hat keiner zugesehen, keiner hat es durchgestanden.
Von euch werden die meisten wissen, was es heisst, wenn 100 Leichen
beisammenliegen, wenn 50 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies
durchgestanden zu haben und dabei - abgesehen von Ausnahmen menschlicher
Schwächen - anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies
ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt
unserer Geschichte”. Heinrich Himmler in einer Rede vor SS-Führern in Posen am 4. Oktober 1943. Exekutionen im Osten hatten ein vielfaltigen Charakter. Dass Hitler in seinem Programm die Absichten äusserte, die
Untermenschen zu vernichten, zu denen ausser Juden auch Slaven gehörten,
ist weltbekannt. Die Handlungen von Nazis verbreiteten sich auf Russen, Polen,
Ukrainern, Tschechen und Slovaken. Bis jetzt sind die Stellen der
Massenmorde nicht zu vergessen. Ein besonderer Punkt ist der Krieg mit Partisanen. Dass die Menschen
auf dem besetzten Gelände Widerstand leisten, war ausserhalb des deutschen
Verständnisses. Darüber hinaus wurden die Menschen, die an der Teilnahme
an der Partisanenbewegung verdächtigt gewesen waren, sehr hart behandelt.
Zahlreiche Foltern, mittelälterische Erfindlichkeit beim Umbringen,
Verfolgerungen der Verwandten bleiben bis jetzt im Gedächtnis der
Öffentlichkeit. Natürlich wurden Juden von Nazis nicht ausser Acht gelassen. Aus dem Tagebuch des SS-Hauptscharführers Felix Landau. “11.07.1941. Um 11 Uhr Abends kamen wir zurück zur Dienststelle.
Hochbetrieb. Unten im Keller, den ich noch vormittags ausgeräumt habe,
stehen fünfzig Häftlinge, darunter zwei Frauen. Ich löste sofort
freiwillig einen Kameraden - der bei diesen Wache hatte - ab. Fast alle
werden morgen erschossen. Die meisten Juden unter ihnen waren aus Wien.
Sie träumten noch immer von Wien. Ich mache bis drei Uhr früh des anderen
Tages Dienst. Hundemüde komme ich dann endlich um halb vier Uhr ins Bett. 12.7.41. Um sechs Uhr früh werde ich plötzlich aus meinem festen
Schlaf geweckt. Zur Execution antreten. Nun gut, spiele ich halt noch
Henker und anschliessend Totengräber, warum nicht. Ist doch eigentümlich,
da liebt man den Kampf und dann muss man wehrlose Menschen über den Haufen
schiessen. Dreiundzwanzig sollten erschossen werden. Darunter befinden
sich die schon erwähnten Frauen. Sie sind zu bestaunen. Sie weigerten
sich, von uns auch nur ein Glas Wasser anzunehmen. Ich werde als Schütze
eingeteilt und habe eventüll Flüchtende zu erschiessen. Wir fahren die
Landstrasse einige Kilometer entlang und gehen dann rechtseitig in einen
Wald. Wir sind nur sechs Mann augenblicklich und suchen nach einem
geeigneten Ort zum Erschiessen und Vergraben. Nach wenigen Minuten haben
wir so etwas gefunden. Die Todeskandidaten treten mit Schaufeln an, um ihr
eigenes Grab zu schaufeln. Zwei weinen von allen. Die anderen haben
bestimmt erstaunlichen Mut. Was wohl jetzt in diesem Augenblick in den
Gehirnen vorgehen mag? Ich glaub, jeder hat eine kleine Hoffnung,
irgendwie doch nicht erschossen zu werden. Die Todeskandidaten werden in
drei Schichten eingeteilt, da nicht so viele Schaufeln hier sind.
Eigentümlich, in mir rührt sich nichts. Kein Mitleid, nichts. Es ist eben
so, und damit ist alles für mich erledigt...”. Merkwürdig ist, dass der Mensch, der Tagebücher führt und hat
vielleicht das Bedürfnis, seine Taten einzuschätzen, völlige
Gleichgültigkeit zeigt. Wir behandelten aber einen zu privaten Fall. Eine
mehr generalisierte Information stellt uns der gebietskomissar Gert Erren
in seinem Bericht “Freudigster Arbeitseinsatz” zur Verfügung.
Punktualität, Sachkündigkeit und schon erwähnte völlige Gleichgültigkeit
verbinden sich in jeder Zeile. Wir führen nur diejenigen an, die unser
unmittelbares Thema betreffen: Judentum: “Bei meiner Ankunft zählte das Gebiet Slonim etwa 25000 Juden, davon
allein in der Stadt Slonim etwa 16000, also über zwei Drittel der gesamten
Stadtbevölkerung. Ein Ghetto einzurichten war unmöglich, da weder
Stacheldraht noch Bewachungsmöglichkeiten vorhanden waren. Daher traf ich
von vornherein Vorbereitungen für eine künftige grössere Aktion. Zunächts
wurde die Enteignung durchgeführt und mit dem anfallenden Mobiliar und
Gerät sämtliche deutsche Dienststellen, einschliesslich
Wehrmachtquartiere, ausgestattet und so weit grosszügige Hilfeleistung bei
anderen Gebieten gestellt, dass jetzt beim Anwachsen aller Dienststellen
bei mir selbst Mangel herrscht. Für Deutsche unbrauchbares Zeug wurde der
Stadt zum Verkauf an die Bevölkerung freigegeben und der Erlös der
Amtskasse zugefürt. Dann folgte eine genaue Erfassung der Juden nach Zahl,
Alter und Beruf, eine Herausziehung aller Handwerker und Facharbeiter,
ihre Kenntlichmachung durch Ausweise und gesonderte Unterbringung. Die vom
SD am 13.11. durchgefürte Aktion befreite mich von unnötigen Fressern; und
die jetzt vorhandenen etwa 7000 Juden in der Stadt Slonim sind sämtlich in
den Arbeitsprozess eingespannt, arbeiten willig aufgrund ständiger
Todesangst und werden im Frühjahr genauestens für eine weitere
Verminderung überprüft und aussortiert. Das flache Land wurde eine
Zeitlang grosszügig von der Wehrmacht gesäubert; leider nur in Orten unter
eintausend Einwohnern. In den Rayonstädten wird nach der Durchführung der
hilfsarbeiten für die West-Ost-Bewegung das Judentum bis auf die
notwendigsten Handwerker und Facharbeiter ausgemerzt werden. Da die
Wehrmacht nicht mehr bereit ist, Aktionen auf dem flachen Lande
durchzuführen, werde ich die gesamten Juden des Gebietes in zwei oder drei
Rayonstädten zusammenfassen, nur in geschlossen Arbeitskolonnen einsetzen,
um damit endgültig Schleichhandel und Partisanenunterstützung durch Juden
auszurotten. Die besten Fachkräfte unter den Juden müssen unter Aufsicht
in meinen Handwerkerschulen ihre Kunst intelligenten Lehrlingen
weitergeben, um einmal den Juden auch im Handwerk entbehrlich zu machen
und auszuschalten”. V. Die “Aussiedlung” (1942). “Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublin beginnend, die
Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches
und nicht mehr zu beschreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden
selbst bleibt nicht mehr viel übrig. Im grossen kann man wohl feststellen,
dass 60 Prozent davon liquidiert werden müssen, während nur 40 Prozent bei
der Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter von Wien
(Globocnik), der diese Aktion durchführt, tut das mit ziemlicher Umsicht
und auch mit einem Verfahren, das nicht allzu auffällig wirkt”. Josef Göbbels in seinem Tagebuch am 27. März 1942. Die Aussiedlung wurde aus vielen Gründen durchgeführt. Zahlreiche KZ
wurden überfüllt. Deutsche meinten, es hatte keinen Sinn, die ganze Masse
von Häftlingen “zu pflegen”. Sie brauchten Essen, Kleidung und eigentlich
medizinische Bedienung, mag sie auch ganz schlecht sein. Die Ausgaben
bewährten sich nicht. Es kam zur Notwendigkeit den grössten Teil von
Häftlingen loszuwerden. Der Massenmord hätte zu viel Zeit und Kräfte in Anspruch genommen. Die
Blokade und Hunger führten zum Massenaussterben nicht. Es blieben also
viele Leute am Leben, trotz aller unmenschlischen Bedingungen. 1942 begannen Deutsche, Deportationen von Osten durchzumachen. Das war ein neues Trauma für Häftlinge. Man behauptet, dass sich der
Mensch an einen ganz schlimmen Alltag gewönen kann. Diejenigen, die am
Leben blieben, finden die Unterstützung in einander. Jetzt wurden sie
voneinander getrennt und wurden gezwungen, alles wieder anzufangen, eine
neue Erfahrung des Auslebens einzuspeichern. Eine der grössten Aktion war die Deportation von Häftlingen des schon
erwähnten Warschauer Ghettos. Wir führen zwei Ausschnitte aus dem Tagebuch
eines Häftlings ohne Kommentare anzugeben, weil die Situation in diesen
Notitzen völlig geschildert ist: “Mittwoch, 22.7.1942 Das ist also das Ende des Warschauer Ghettos, das seit fast zwei
Jahren verzweifelt um sein Leben gekämpft hat. Heute Mittag wurden Plakate
geklebt, die die Aussiedlung aller Bewohner “nach Osten”, ohne Rücksicht
auf Alter und Geschlecht, verkündeten. Man braucht sich wohl nichts
vorzumachen - diese Ankündigung ist das Todesurteil. Die Deutschen werden
nicht irgendwo “im Osten” Tausende von Menschen ansiedeln, sie ernähren
und kleiden, dieselben Menschen, die sie in Warschau konsequent
aushungerten. Es erwartet sie ein schneller oder langsamer Tod. Vielleicht
gibt es nur Hoffnung für die Helfer der Deutschen, die von der Deportation
ausgeschlossen sind: die Arbeiter in Industrie und Handwerk, Polizisten,
das Personal des Judenrates und so weiter. Diese haben sogar das Recht,
Frauen und Kinder bei sich zu behalten. Aber die übrigen? Einen sehr
deutlichen Anhaltspunkt enthält diese zynische Anordnung: Jeder Aussiedler
darf 15 kg seines Eigentums als Reisegepäck mitnehmen. Es ist erlaubt,
alle Wertsachen, wie Geld, Schmuck, Gold mit sich zu führen. Aber Gold
durften die Juden doch seit einigen Monaten nicht mehr besitzen! Stellt
euch in eine Reihe, damit wir euch töten, aber bringt die Wertsachen mit,
ihr erspart uns so viel Mühe! Das ist also die Erklärung der Aufregung, die seit Anfang der Woche
hier um sich griff. Schon vorgestern liessen die Wachen an den
Ghettoausgängen niemanden passieren. Gleichzeitig verhaftete man mehrere
hundert Personen und brachte sie, wie ich annehme, in den Pawiak, das
Gefängnis. Es waren Ärzte, Rechtanwälte, Frauen. Man sprach von Geiseln.
heute verstehe ich mehr. Man nahm sie gefangen, um die anderen in Ruhe zu
liquidieren. Ich verstehe und begreife die Juden nicht. Lassen sie sich
wie Hammel zur Schlachtbank führen? Finden sie keinen Ausdruck des
Protestes, der Verzweiflung? Unterdessen herrschte heute ein heilloses
Durcheinander. Mittags begann die Menschenjagd durch die jüdische Polizei.
Die Deutschen mischen sich nicht viel ein. Es gibt zwei Sorten von
Uniformierten: schwarze und grüne. Sie stellten an allen Ghettoausgängen
Mascheinengewehre auf, und man hört fast ununterbrochen Schüsse - ich
vermute als Warnung. Aber diese wilde, unschöne Schiesserei dauerte schon
die ganze Nacht. Die Deutschen zielen mit ihren Gewehren in die Fenster
und schiessen mit Revolvern auf Passanten. Eine Ärztin aus dem
Kinderkrankenhaus in der Sienna-Strasse erzählte mir heute, dass es in
ihrem Gebäude kein Zimmer gibt, das nicht von aussen beschossen wurde. Nun befasst man sich, wie es scheifnt, mit den Menschen, die nicht von
Nutzen sind. Bettler, Obdachlose und Umsiedler aus der Provinz werden
aufgegriffen und dann in grösseren Gruppen zum Platz an der Stawki-Strasse
geführt, wo ein Nebengleis der Eisenbahn endet. Unser Kundschafter war
dort und sah angeblich, wie man sie mit Hals und Gedränge in Güterwagen
verlud und diese dann mit Stacheldraht verschloss. Schlimmer als Vieh. Es
regnet, und der Anblick dieses Elends, sagt er, wäre nicht zu ertragen. Von früh bis spät kamen heute Dutzende von Menschen ins Büro - manche
kannten wir kaum - und flehten um Aufnahme in die Arbeitsliste, um
Ausstellung einer Legitimation, um jede Art von Hilfe. Dies ist wirklich
unmöglich. Die allgemeine Panikstimmung und Angst, durch die andauernde
Schiesserei noch verstärkt, ist so schrecklich, dass ich heute abend froh
war, das Ghetto zu verlassen. Als ich dann das nahezu normale Treiben auf
den Strassen Warschaus sah, konnte ich es nicht fassen, dass ganz in der
Nähe Tausende von Menschen ins Jenseits “ausgesiedelt” werden”.
Ñòðàíèöû: 1, 2, 3
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